Von Lena Krämer Aug, 9 2025
Gefälschte Medikamente erkennen: So schützt du deine Gesundheit

Gefälschte Medikamente sind längst kein exotisches Problem mehr aus weit entfernten Ländern. Jeder, der schon einmal Kopfschmerztabletten, eine neue Packung Vitamine oder sogar ein wichtiges verschreibungspflichtiges Medikament nach Hause gebracht hat, könnte betroffen sein. Plötzlich kursieren Berichte von Placebos in der Schmerzmittelpackung oder von lebensgefährlichen Nebenwirkungen, die nur durch gepanschte Präparate entstehen. Die Fälscher werden immer dreister, cleverer, manchmal sehen die Kopien täuschend echt aus. Was in deiner Hausapotheke steckt, könnte genau das sein, wovon du dachtest, dass es dich schützt – oder eben das Gegenteil. Schon 2018 schätzte die WHO, dass rund 10% aller Medikamente in Entwicklungsländern gefälscht sind; aber auch in Europa gibt es laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) immer wieder Rückrufaktionen, die zeigen: Wir sind längst nicht mehr sicher.

Wie tauchen gefälschte Medikamente im Alltag auf?

Es klingt wie aus einem Thriller, aber Fälschungen landen tatsächlich im Alltag. Nicht nur in dubiosen Online-Shops – nein, auch über scheinbar seriöse Anbieter, falsch deklarierte Apotheken aus dem Ausland und sogar auf dem Schwarzmarkt einer Großstadt. Besonders beliebt sind Lifestyle-Präparate wie Potenzmittel, Schlankheitspillen oder angebliche Wundermittel gegen Haarausfall. Anfangs denkt niemand, ein Risiko einzugehen – bis Beschwerden auftreten und jemand misstrauisch wird. „Es ist doch nur Ibuprofen,“ sagst du dir, aber das ist kein Garant für Sicherheit. Ermittler stießen z.B. bei einer Razzia in Hamburg auf 30.000 Tabletten, die als Grippemittel deklariert waren – enthalten war Kochsalz. Bei anderen Fällen fanden Labors multiresistente Keime im angeblichen Antibiotikum.

Gefragt wird vor allem nach Markenprodukten. Je größer die Nachfrage, desto größer der Anreiz für gefälschte Ware. Der globale Marktwert gefälschter Arzneimittel wird laut Europol auf 4,4 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Die Pandemie-Jahre haben das Problem verschärft, weil Lieferketten gestört waren und Patienten häufiger aufs Netz auswichen – billige, schnelle Pillen, direkt vor die Haustür geliefert. Und schmerzhaft: Jedes fünfte in Deutschland im Netz angebotene Medikament ist gefälscht. Nicht nur dein Geld, sondern oft deine Gesundheit steht auf dem Spiel.

So erkennst du, ob dein Medikament echt ist

Optisch lassen sich viele gefährliche Fälschungen nicht erkennen. Die Verpackung glänzt wie immer, das Blister sitzt, der Aufdruck stimmt. Aber kleine Details machen große Unterschiede. Die erste Frage: Stammt das Präparat aus einer Apotheke mit gültiger Zulassung? Laut Arzneimittelgesetz in Deutschland dürfen verschreibungspflichtige Medikamente nur dort verkauft werden. Wenn du per Klick im Ausland orderst, z.B. aus einer angeblichen kanadischen Versandapotheke mit deutschem Text, kannst du fast sicher sein, dass etwas nicht stimmt. Zu billig, Kombirabatte bei Einzelpackungen, übersetzte Beipackzettel ohne Original-Siegel – Alarmglocken!

Der Arzneimittelsicherheit zuliebe empfehle ich, immer auf bestimmte Merkmale zu achten: Das Sicherheitslogo der EU-Apotheken (weißer Balken mit grünem Kreuz, digital prüfbar), das Unversehrtheitssiegel auf der Original-Verpackung, und eine eindeutige Chargennummer. Die Arzneimittelpackung sollte genau auf deinen Namen (bei Rezeptpflichtigem) ausgestellt sein und der Beipackzettel in einwandfreiem Deutsch vorliegen. Vorsicht, falls Folie, Logo oder Farbe abweichen oder ungewöhnlich wirken. Experten empfehlen, auf verwaschene oder unscharfe Drucke und Seiten zu achten – ein echtes Qualitätsprodukt sieht nie billig aus.

Schau dir Tabletten, Salben oder Tropfen genau an: Konsistenz, Geruch und Geschmack. Riecht oder schmeckt das Medikament merkwürdig oder verändert sich das Aussehen, gehört es nicht in deinen Körper. Verfärbungen, krümelige Oberflächen, ein anderer Geruch als gewohnt – Finger weg! Du kennst deine Medikamente oft besser als du denkst.

Online kannst du mithilfe der offiziellen Apotheken-Register oder einer App wie „MedCheck“ überprüfen, ob eine Handelsplattform eine gültige Lizenz hat. Auf der Website des Deutschen Instituts für Medizinprodukte-Sicherheit findest du Warnmeldungen zu aktuellen Fälschungsfällen. Es gibt auch Hotlines, bei denen du auffällige Präparate melden kannst.

Gefahren und Risiken: Das passiert bei gefälschten Arzneimitteln

Gefahren und Risiken: Das passiert bei gefälschten Arzneimitteln

Zahlen wirken oft abstrakt, aber hier wird’s real: Jedes Jahr sterben laut Schätzung der WHO weltweit bis zu 100.000 Menschen an den Folgen gefälschter Medikamente. Der Schaden reicht von fehlender Wirkung über schwere allergische Reaktionen bis zum Tod. Mal steckt zu wenig Wirkstoff drin, mal ein ganz anderer, mal sind es verunreinigte Tabletten mit zum Teil giftigen Streckstoffen aus der Industrie. Bei Krebsmedikamenten, Herztabletten oder Insulin können so gravierende Gesundheitsschäden auftreten, dass jede Minute zählt.

Eine der häufigsten Folgen ist, dass ein Patient keine Besserung spürt, die eigentliche Erkrankung aber voranschreitet. Besonders in Krisenmomenten, wenn man dringend Hilfe braucht, merkt man oft zu spät, dass das eigene Medikament gar keine Wirkung zeigt. Es kursieren zum Beispiel Fälle von Schmerzmitteln ohne Wirkstoff, bei denen die Schmerzen einfach bleiben. Oder Antibiotika-Fälschungen, bei denen die Bakterien nicht verschwinden – was im schlimmsten Fall zu gefährlichen Folgeinfektionen führt.

Jetzt wird’s technisch: Der Betrug an einzelnen Inhaltsstoffen ist bei Tabletten und Kapseln besonders häufig. Oft werden sie mit Mehl, Stärke, Kreide oder sogar Gips gestreckt. In Flüssig-Arzneien tauchen Alkohol, Lösungsmittel oder andere gefährliche Stoffe auf. Sogar Schmerzmittel mit hochgiftigen Opioiden wurden schon gefunden. Und: Nicht selten enthalten Fälschungen kein einziges Gramm echten Wirkstoffs!

Gerade für chronisch Kranke, Ältere oder Kinder ist das gefährlich. Bestimmte Medikamente wie Blutdruckmittel, Krebspräparate oder Insulin müssen auf den Milligramm genau dosiert sein. Schon kleine Abweichungen machen Unterschied zwischen Heilung und Risiko – und Fälscher nehmen darauf selten Rücksicht. Laut Bundeskriminalamt stammen die meisten Fälschungen aus Labors in China, Indien oder Osteuropa. Dort werden sie unter prekären Hygiene-Bedingungen gemixt und als Original exportiert. Die Dunkelziffer ist hoch: Nicht jeder Schaden wird erkannt, nicht jeder Arzt meldet einen Verdacht.

JahrGemeldete Fälschungsfälle in DeutschlandSchätzungen WHO (weltweit, % der Medikamente)
201854810%
202067011%
202395312%

Die Risiken zu unterschätzen wäre blauäugig. Wer illegal Arzneimittel kauft, handelt nicht nur strafbar, sondern bringt sich in Gefahr. Gekaufte Medikamente im Auslandurlaub mitzunehmen ist übrigens auch nicht sicher: In der Türkei, Ägypten oder Thailand sind laut Stiftung Warentest rund 20% der Medikamente auf Touristenmärkten gefälscht.

Tipps, wie du dich schützen kannst

Regel Nummer 1: Kaufe deine Medikamente nur in einer Apotheke, am besten vor Ort. Falls du doch im Netz bestellen willst, prüfe, ob die Apotheke das EU-Logo trägt und im amtlichen Register steht. Billigheimer-Angebote, Fantasie-Rabatte oder Bonusprämien für Medikamente sollte man skeptisch sehen. Frag dich immer: Würde meine echte Stammapotheke so einen Preis machen?

Vertraue deiner Intuition: Kommt dir die Verpackung seltsam oder uneinheitlich vor, gibt es Tippfehler, ungewohnte Farbe, schlecht lesbaren Aufdruck oder fehlt der Beipackzettel? Frag sofort nach! Portale wie CheckApotheke.de oder das DIMDI geben Aufschluss, ob alles seine Richtigkeit hat. Und: „Zu schön, um wahr zu sein“ ist hier meist wirklich eine Warnung.

  • Halte dich an offizielle Apotheken, vor Ort oder mit geprüftem Online-Siegel
  • Kein Medikamentenkauf auf Flohmärkten, über Social Media oder Drittanbieter-Shops
  • Beobachte, wie dein Körper auf das Medikament reagiert – plötzliche Nebenwirkungen oder fehlende Wirkung? Ab zum Arzt!
  • Vergleiche Verpackung, Tabletten und Beipackzettel regelmäßig mit früheren Versionen
  • Verzichte auf Sparpakete oder Kombi-Angebote, besonders bei verschreibungspflichtigen Mitteln
  • Bewahre Rechnungen und Verpackungen auf, falls Rückfragen oder Ermittlungen notwendig werden
  • Melde jeden Verdacht beim Arzt oder bei offiziellen Stellen wie dem BfArM

Es klingt nach Aufwand, aber es geht buchstäblich um deine Sicherheit. Der Aufwand lohnt. Eine Studie der Universität Bonn belegt: Wer aufmerksam kontrolliert, kann neun von zehn Fälschungen erkennen – oft an winzigen Details. Dein Auge ist besser als jeder Scanner!

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